Der Ausdruck מעילה wird in der heiligen Schrift für das Veruntreuen von heiligem Gut gebraucht. Nach Lev. 5, 14—16 hat derjenige, der Heiliges unvorsätzlicher Weise veruntreut hat, zu seiner Sühne ein Schuldopfer darzubringen und den Wert des von ihm Veruntreuten zusätzlich eines Aufschlags von einem Fünftel dem Heiligtum zu ersetzen. Ist die Veruntreuung vorsätzlich geschehen, ist kein Schuldopfer zu bringen und bei der Ersatzleistung kein Fünftel Aufschlag hinzuzufügen, sondern es tritt wie bei Uebertretung jedes Verbots bei vorangegangener Verwarnung die Geissel-strafe ein, ist keine Verwarnuug vorangegangen, muss nur der Wert des gehabten Genusses und der Wert dessen, um das das Heiligtum geschädigt worden ist, ersetzt werden. Diese Bestimmungen gelten sowohl für Veruntreuung an Opfern und allen Gegenständen, die zu ihrer eigenen Verwendung im Heiligtume geheiligt worden sind (קדושת הגוף), wie für alles, was sonst Eigentum des Heiligtums ist, wenn es auch nicht dazu bestimmt ist, selbst im Heiligtum verwendet zu werden, sondern nur zu Zwecken des Heiligtums veräussert zu werden (קדושת הדמים). Opfertiere und sonstige Opfer, von denen weder den Eigentümern noch den Priestern etwas zufällt, unterliegen dem Verbote der Veruntreuung von dem Augenblicke an, wo sie für ihren Zweck geheiligt worden sind, bis alle Opferhandlungen bis zum Ende an ihnen ausgeführt worden sind. Hochheilige Opfer, deren Fleisch den Priestern zufällt, unterliegen ebenfalls in allen ihren Teilen der Veruntreuung von dem Augenblicke an, wo sie für ihren Zweck geheiligt worden sind, nach der Sprengung des Blutes unterliegen ihr aber nur noch die Opferteile, die für den Altar bestimmt sind, nicht aber das Fleisch, das von den Priestern verzehrt wird. Einfachheilige Opfer gelten als den Eigentümern gehöriges Gut, von ihnen unterliegen deshalb nur die Opferteile nach der Sprengung des Blutes der Veruntreuung. Das Blut der Opfertiere bildet eine Ausnahme, indem es nach Tora-Vorschrift der Veruntreuung überhaupt nicht unterliegt. Als Veruntreuung gilt jede Nutzniessung von Heiligem, wenn der davon gehabte Nutzen wenigstens den Wert einer Peruta ausmacht und das Heilige dadurch auch tatsächlich um den Wert von wenigstens einer Peruta geschädigt worden ist. Bei Opfertieren, deren Wert als Opfer durch infolge ihrer Benutzung entstandene Minderung ihres Geldwertes nicht beeinträchtigt wird, ebenso bei allen Gegenständen, bei denen eine Abnutzung sich gar nicht oder doch erst nach sehr langem Gebrauche bemerkbar macht, gilt schon die blosse Benutzung ohne Rücksicht auf den dadurch dem Heiligtum entstandenen Schaden als Veruntreuung. Der Veruntreuung macht sich ferner schuldig, wer Heiliges in der Absicht, es für sich zu behalten, sich aneignet, es verleibt oder verkauft. Alles, was nur Eigentum des Heiligtums ist und nicht zu eigener Verwendung im Heiligtum bestimmt ist, verliert durch eine unvorsätzlich daran begangene Veruntreuung — nach einer anderen Ansicht jedoch nur, wenn die Veruntreuung durch Entwendung stattgefunden hat, s. M. L. zu Maim. Hilch. Meïla 6, 4 — seinen Charakter als heiliges Gut, eine nochmalige Veruntreuung kann deshalb daran nicht mehr begangen werden. Opfertiere dagegen und zum Opferdienst bestimmte Gegenstände bleiben auch nach an ihnen begangener Veruntreuung heilig und unterliegen weiter dem Verbot der Veruntreuung. Durch vorsätzliche Veruntreuung verliert Heiliges überhaupt nicht seinen Charakter als heiliges Gut. Der Traktat מעילה enthält die näheren Ausführungen zu diesen Bestimmungen in 6 Abschnitten, die im Einzelnen folgenden Inhalt haben: 1. Inwieweit bei Opfertieren das Verbot der Veruntreuung und ebenso die Verbote von נותר ,פגול und טמא durch bei ihrer Darbringung vorgekommene Verstösse gegen die Opfervorschriften beeinflusst werden. Der Einfluss der Blutsprengung auf das Verbot der Veruntreuung bei hochheiligen und bei einfachheiligen Opfertieren. 2. Das Verbot der Veruntreuung bei hochheiligen Opfertieren und anderen hochheiligen Opfern, von wann an sie inbezug auf andere für sie geltende Verbote und für die mit ihnen auszuführenden Opferhand-lungen als geheiligt gelten, wann sie aufhören, der Veruntreuung zu unterliegen. 3. Das Verbot der Veruntreuung bzw. der Nutzniessung bei Opfertieren, die nicht mehr als solche dargebracht werden können, bei Geld, das zum Ankauf von Opfertieren bestimmt worden ist, dem Blut von Opfertieren, den Ascheresten von den auf dem inneren Altar dargebrachten Opfern und den Ueberresten aus dem heiligen Leuchter, der Milch und Eiern von Opfertieren. Das Verbot der Veruntreuung bezw. der Nutzniessung bei anderen für den Altar oder für den Tempelschatz geheiligten Dingen. 4. Das Zusammenrechnen des aus mehreren selbst teils für den Altar und teils für den Tempelschalz geheiligten Dingen gezogenen Nutzens bei dem Verbote der Veruntreuung. Welche Bestandteile bei den Opfertieren inbezug auf dieses Verbot wie auf andere für dieselben geltenden Verbote zusammenrechnen. Das Zusammenrechnen bei anderem Gleichartigen, bei Speisen, die man nicht geniessen darf, bei Dingen, deren Berührung verunreinigt. Vorschriften, bei denen alle Speisen zusammenrechnen und alle Getränke zusammenrechnen. 5. Bei welchen Dingen die blosse Benutzung schon als Veruntreuung gilt, und bei welchen erst dann, wenn dadurch das Heiligtum auch geschädigt worden ist. Welche Dinge durch eine an ihnen begangene Veruntreuung aufhören, heilig zu sein, so dass nicht nochmals eine Veruntreuung an ihnen begangen werden kann, und bei welchen dieses nicht der Fall ist. Dass das Verzehren und die sonstige Benutzung von Heiligem und sowohl das durch die veruntreuende Person selbst davon Verzehrte und Benutzte wie das von ihr anderen Personen davon zum Verzehren und zum Benutzen Gegebene bei dem Verbot der Veruntreuung zusammenrechnen. 6. Veruntreuung durch Vermittelung einer anderen Person, in welchen Fällen der Auftraggeber sich schuldig macht, in welchen die beauftragte Person, in welchen beide und in welchen keiner von beiden.