Einleitung. Der Traktat Nasir behandelt die Gesetze, die Num. 6, 1—21 niedergelegt sind. Danach gelten für denjenigen, der das Gelübde getan, ein Nasir, d. i. ein Enthaltsamer oder Geweihter zu sein, folgende Bestimmungen, welche 2 Gebote und 8 Verbote umfassen: A) Der Nasir darf weder Wein noch Berauschendes geniessen, weder frische noch getrocknete Trauben, weder Kerne noch Hülsen von Weinbeeren noch irgend etwas, das mit Wein gemischt oder worin Wein eingeweicht war. Solange er Nasir ist, darf er sein Haupthaar nicht scheren, sondern muss es wild wachsen lassen. Er darf endlich während seines Nasirats sich nicht durch Leichen verunreinigen, auch nicht durch die seiner nahestehenden Verwandten, wie Eltern oder Geschwister, mit Ausnahme einer verlassenen, unversorgt liegenden Leiche, מת מצוה. Sobald die Zeit seines Nasirats zu Ende ist, hat er 3 Opfer darzubringen, nämlich ein Schaf als Ganzopfer, ein weibliches Schaf als Sündopfer und einen Widder als Friedens- opfer, dazu verschiedene Kuchen sowie die Speise- und Gussopfer. Sodann muss er sein Haar scheren und es auf das Feuer legen, das unter dem Friedensopfer ist, und darauf lässt ihn der Priester mit einzelnen Opferteilen eine Schwingung vornehmen. Damit ist sein Nasirat beendet, und er darf wieder Alles geniessen, sich scheren und verunreinigen wie vor seinem Nasirgelübde. Num. 6, 2—8; 13—21. B) Wenn der Nasir während seines Nasirats sich durch eine Leiche verunreinigt, sei es mit Mutwillen oder aus Versehen oder infolge höherer Gewalt, so wird sein Nasirat unterbrochen. Er muss am siebenten Tage nach dem Eintritt seiner Unreinheit sein Haupthaar scheren und am achten Tage zwei Turteltauben oder zwei junge Tauben als Sünd- und Ganzopfer sowie ein Lamm als Schuldopfer darbringen. Die Tage seines früheren Nasirats fallen weg, und er muss ein neues Nasirat beginnen, das von gleicher Dauer sein muss wie das, welches er zuerst gelobt hatte. Num. 6, 9—12. Für die Aufnahme des Traktates Nasir in die Mischnaordnung Naschim, obschon er seinem Charakter entsprechend eher in die Ordnung Kodaschim gehörte, war der Umstand entscheidend, dass man zum Nasirat nur infolge eines Gelübdes verpflichtet werden kann, Num. 6, 2, und da der vorhergehende Traktat, der von den Gelübden handelt, mit Recht in die Ordnung Naschim eingereiht ist (s. Ned. Einl. S. 174), so schliesst sich an ihn der Traktat Nasir an. Insbesondere gehört das Nasirgelübde auch zu denen, die der Gatte befugt ist, seiner Gattin aufzuheben; von diesen aber wurde im letzten Abschnitt des Traktates Nedarim gehandelt. Der Traktat Nasir zerfällt in 9 Abschnitte, deren Inhalt im einzelnen folgender ist: I. Die Umschreibungen, unvollständigen Formeln und Redewendungen, die den Gelobenden zum Nasirat verpflichten. Lebenslängliches Nasirat und Nasirat nach Simsons Art. II. Gültige und ungültige Nasirgelübde. Aufeinanderfolge und Verbindung zweier Nasirate. III. Vollendung und Unterbrechung des Nasirats. Zweifel über die Anzahl der gelobten Nasirate. IV. Formeln, die den Gelobenden zum Nasirat verpflichten, vgl. I. Aufhebung des Nasirgelübdes einer Frau durch den Gatten. Verpflichtung zum Nasirat, die der Vater seinem Sohne auferlegt. V. Irrtümliche Heiligung eines Gegenstandes und Anwendung dieses Begriffes auf das Nasirat. Bedingte Nasirgelübde. VI. Dinge, die dem Nasir verboten sind. Bestimmungen über die Opfer bei Unterbrechung resp. bei Vollendung des Nasirats. VII. Unterbrechung des Nasirats durch Verunreinigung des Nasir; Ausnahmen. Geltung dieser Bestimmungen beim Betreten des Heiligtums. VIII. Fälle von zweifelhafter Unreinheit. IX. Nasirgelübde von Frauen, Sklaven und Heiden. Vorschriften über den Nasir, der erst nach vollendetem Nasirat von seiner inzwischen erfolgten Unreinheit erfährt. Prüfung der Unreinheit. Untersuchung über das Nasirat des Samuel.